Stellungnahme zur Covid-19 Pandemie

von hamburg am 14. Juni 2020

Seit einigen Tagen findet sich das Wort „Solidarität“ häufiger im Wortschatz deutscher Politiker wieder. Wir als Hamburger Landesverband der Linksjugend fordern, dass es nicht beim Reden bleibt!

Deutschland ist eines der wirtschaftsstärksten Länder und die Bundesregierung betont immer wieder, wie gut das deutsche Gesundheitssystem doch sei. Doch dass dies nicht so ist, zeigt sich jetzt im Zuge der Ausbreitung des Coronavirus. Seit Jahren wurden die Krankenhäuser kaputt gespart. Durch Privatisierung, die Einführung des Fallpauschalen-Systems und unrealistische Personalschlüssel wird versucht, möglichst viel Gewinn mit den Patienten zu machen. Der Krankenhauskonzern Asklepios beispielsweise hat dieses Jahr erstmals über eine Milliarde Gewinn gemacht und gleichzeitig fordert die Bertelsmann Stiftung den Abbau von Tausenden Krankenhausbetten!

Schon vor dem Ausbruch des Virus waren Krankenpfleger*innen überlastet, mussten sich um zu viele Patienten kümmern und haben oft keine Zeit für die Erfüllung elementarer Hygieneanforderungen wie Handdesinfektion gehabt. Durch diese Überlastung können viele Pfleger*innen ihren Beruf nur ein paar Jahre ausführen, wodurch der Mangel an Personal noch mal verstärkt wird. Deswegen ist das Gesundheitssystem jetzt schon überlastet. Auch auf Verdachtsfälle kann nicht richtig reagiert werden, da oft auch die Ausrüstung fehlt. Seit vielen Jahren sprechen Gewerkschaften, Die Linke und Initiativen von diesen katastrophalen Zuständen! Diese schlecht bezahlten Helden der aktuellen Situation werden nun in erster Reihe im Kampf gegen das Virus verheizt.Wozu die Kürzungsmaßnahmen führen können, sieht man besonders stark in Italien. Seit Jahren wurde das Land, wie viele andere Länder auch, unter dem Diktat der Troika gezwungen, Kürzungsmaßnahmen durchzuführen, wodurch jetzt nicht auf die Pandemie reagiert werden kann. Die Krankenhäuser sind so überlastet, dass bei Patienten abgewogen wird, ob es sich „lohnt“diese Person zu behandeln oder nicht. Und diese Situation ist auch in Deutschland denkbar.

Es muss auch ganz klar benannt werden: Die EU-Troika die im Zuge der Finanzkrise den Staaten Südeuropas einen harten Sparkurs aufgezwungen hat, ist für diese Situation verantwortlich. Sie hat die Rettung von Banken und Konzernen aus deren selbst verschuldeter Not auf Kosten der Bevölkerung finanziert! Ebenfalls noch schlechter dran als die deutsche Durchschnittsbevölkerung sind beispielsweise Obdachlose. Diese sind dem Virus ohne Schutz ausgesetzt, was der aktuelle Fall im Winternotprogramm in Hamburg zeigt. Selbiges gilt zum Beispiel auch für die Wohnverhältnisse von Geflüchteten in Deutschland und insbesondere auch in den Lagern in Griechenland.

Ähnlich schutzlos ausgeliefert wie Geflüchtete und Obdachlose sind ganze Staaten in der sogenannten „dritten Welt“ die in ökonomischer Abhängigkeit ausgebeutet wurden und in denen unter anderem Deutschland seit Jahren Kriege führt und Milliardenabsätze mit Waffenexporten macht.

Doch anstelle jetzt großflächig in das Gesundheitssystem zu investieren, das gesamte Gesundheitssystem als Grundversorgung der Bevölkerung unter staatliche Kontrolle zu bringen, den Pfleger*innen mehr zu zahlen und ihre Situation insgesamt zu verbessern (wodurch viele Pflegekräfte wieder in ihren alten Job zurückkehren würden), versucht die Bundesregierung in diesem Bereich zu sparen und stattdessen Studierende und die Bundeswehr als Hilfskräfte einzusetzen. Stattdessen wird das Geld den Banken und Konzernen gegeben, wie zum Beispiel mit den bedingungslosen Krediten der Bundesregierung, Steuersenkungen und der erneuten Rettung von Banken.

Vor allem trifft die Situation aber den armen Teil der Bevölkerung. Nicht nur dass unser Gesundheitssystem auf einem Zwei-Klassen-Prinzip beruht, wodurch die Menschen, die kein Geld für eine Krankenversicherung haben, gar nicht wissen, ob sie einen Termin bekommen, sondern auch Menschen ohne Festanstellung, die jetzt weil sie keine Arbeit haben, nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen.
Aber auch abseits davon ist es eine Klassenfrage wie schwer es wird diese Krise zu überstehen. Wer in einer kleinen Wohnung ohne Balkon lebt anstatt in einem großen Haus mit Garten, sich kein Auto für Mobilität ohne großes Infektionsrisiko, oder einen Schutzmaskenvorrat für Mondpreise leisten kann und auf das normale Gesundheitswesen angewiesen ist, wird deutlich mehr Probleme haben als Menschen mit viel Kapital. Deutschland hatte von Anfang an keinen Plan, um auf das Virus zu reagieren, zu sehr hat man die Gewinne von Konzernen und das Zusammenstreichen des Sozialstaates über die Gesundheit der Bevölkerung gestellt.

In anderen Ländern wie Südkorea oder Taiwan wurde schnell und organisiert auf das Virus reagiert. So gibt es in Südkorea 4070 Tests pro 1 Million Einwohner*innen. In Deutschland lässt sich diese Zahl noch Nichteinmal feststellen, da es kein einheitliches Vorgehen gibt. Deswegen können weniger wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Sogenannte Drive-in Teststationen wie in Südkorea sind kaum vorhanden. Die notwendigen Schritte wurden aus Rücksicht auf Profite nicht gewagt. Anstatt die Arbeit in riesigen Fabrikhallen und Großraumbüros ohne dringende gesellschaftliche Notwendigkeit zu verbieten und die Menschen nicht mehr den überfüllten Bussen und Bahnen auf dem Weg zur Arbeit auszusetzen wurden Restaurantbesuch und Demonstrationen verboten, die Bevölkerung in ihrer Freiheit massiv eingeschränkt und die Überwachung der Bevölkerung verstärkt. Dieser Ausnahmezustand ist unwirksam. Risikogruppen werden nicht hauptsächlich durch Versammlungen infiziert.

So drängt sich stark der Eindruck auf, dass eben nicht dasjenige verboten wird, von dem die größte Gefahr ausgeht, sondern dass auf das wir, aus Sicht der Herrschenden, am ehesten verzichten können, oder was sie ohnehin schon immer gestört hat. Umgekehrt laufen hochgradig gefährliche Dinge wie die Rushhour in der S Bahn oder das Arbeiten in großen Büros einfach weiter, weil diese Dinge für den Profit notwendig sind.

Wie jede Krise wird auch die massenhafte Verbreitung des neuen Coronavirus (Covid-19) dafür genutzt, andere Probleme, Sachen wie die Lage der Flüchtlinge in Griechenland, zu kaschieren, Grundrechtseinschränkungen durchgeführt werden, und Vorteile für die Banken und Konzerne zu schaffen, während die Rettungsschirme für die Arbeitenden geschlossen bleiben.

Schon jetzt sind Ankündigungen zu hören der Klimaschutz müsse bis zum Wiederaufbau der Wirtschaft hinten anstehen. Das Lampedusazelt ist vom Abriss bedroht, die Aufnahme von Flüchtenden gestoppt und Gesetze zum Schutz der Arbeiterinnen und Arbeiter aufgeweicht.

Man muss sich fragen: Welche Form von Solidarität und Gemeinsamkeit diese Politik sein soll? Die kapitalistische Wirtschaftsweise zieht sich genau so wie das falsche Gerede von Solidarität wie ein roter Faden durch die Problemfelder. Es ist schon ein Skandal, dass erst für „die Wirtschaft“ bei der breiten Masse gekürzt wird und eine Wirtschaftskrise die durch dieses Kürzen mit verursacht wird dann ebenfalls noch von dieser breiten Masse bezahlt werden soll. Gleichzeitig werden dann noch Angriffe auf Umweltschutz, Bürgerrechte und soziale Errungenschaften gefahren und eine „Wir-sitzen-alle-im-selben-Boot-Mentalität“ heraufbeschworen, wo das Demonstrieren ja gerade verboten ist, und die Pflegekräfte kaum verantworten können zu streiken.

Wir müssen für die Aufhebung dieses Ausnahmezustands, der nur eine Krisenbewältigung im Sinne der Reichen ist, kämpfen.
Neue Viren und andere Herausforderungen kommen und gehen aber ob sie eine große Krise werden, hängt davon ab auf welche Gesellschaft sie treffen. Diese Gesellschaft wird durch politische Entscheidungen definiert. Und wir könnten heute deutlich besser dastehen! Die Krise ist also eine kapitalistische, denn sie zeigt, was die Sparmaßnahmen, die Politik der schwarzen Null und die Politik im Sinne der Banken und Konzerne anrichten und wohin eine Wirtschaft, die auf Konkurrenz und privaten Profit ausgerichtet ist, die Gesellschaft zwangsläufig führt. Also muss es auch eine politische Antwort und eine starke Partei in Aktion statt Stillstand geben, die mehr macht, als nur die Quarantänemaßnahmen mit zu tragen. Es liegt an uns allen, diesen gefährlichen Wahnsinn zu überwinden, nach dessen Regeln nicht nur das Gesundheitssystem funktioniert!

Wir fordern: